AfD und Rechtsterrorismus? Wie rechtspopulistische Sprache rechten Terror nährt.

Teil 3 von 3

Spätestens seit 2015 ist die europäische Rechte omnipräsent. Seien es islamophobe Demonstrationen von PEGIDA, die Identitäre Bewegung und eine sich zuspitzende Entwicklung von rassistischer und rechtsextremer Gewalt, bis hin zu rechtsextreme Terrorakten.
Inmitten dessen hat eine, sich „prächtig“ entwickelnde und radikalisierende AfD die von Umfragehoch zu Umfragehoch eilt, ihren Platz eingenommen.
Unabdingbar für diese Entwicklung ist die von der AfD vorangetriebene Verschärfung rechtspopulistischer Sprache und ihr Wirken im vorpolitischem Raum. Welche Mittel und Strategien dem zugrunde liegen, welche Ziele sie verfolgen und welche gefährlichen Wechselwirkungen dies hervorruft gilt es genau zu betrachten und zu beschreiben.

Vom Wort zur Tat 2

Als weiteres Beispiel, der tödlichen Folgen, des aus dem von der AfD geschaffenem Diskurs, gilt der Mord an dem Kassler CDU Politiker Walter Lübcke.
Durch seinen Unterstützung für die Flüchtlingspolitik von Angela Merkel, wurde er zum Feinbild der rechtsextremen so wie zum Symbol für den von „politischen Eliten“ herbeigeführten „Bevölkerungsaustausch“.
Der Kassler Regierungspräsident wurde am 02.06.2019 aus nächster Nähe, mit einem Schuss in den Kopf getötet, der mutmaßliche Schütze ist Neonazi Stephan Ernst, welcher die Tat anfangs gestand, sein Geständnis jedoch widerrief und inzwischen eine neue Version der Tathergangs angibt, nach dieser soll sein Kamerad Markus Hartmann die Waffe in der Hand gehalten haben, als sich versehentlich ein Schuss löste.
(https://www.sueddeutsche.de/politik/luebcke-mord-kassel-rechtsextremismus-1.4749559)

Mediale Aufmerksamkeit erreichte Walter Lübcke durch seinen Auftritt bei einem Bürgerdialog in Lohfelden, Anlass war eine geplante Unterkunft für Asylbewerber*innen vor Ort.
Sein Auftritt wurde von Zwischenrufe seitens einiger rechter Anwendenden gestört. Lübcke, der die geplante Unterkunft und Schutzsuchende verteidigte, entgegneten den Rechten
„und wer diese Werte nicht vertritt, der kann jederzeit dieses Land verlassen, wenn er nicht einverstanden ist.“ Ein Zitat welches mitgeschnitten und auf YouTube veröffentlicht wurde, ehe es in rechten Kreisen viral ging und einen rechten Shitstorm gegen Lübcke auslöste.
Bei dieser Veranstaltung waren auch Stephan Ernst und Markus Hartmann anwesend, vermutlich stammt das Video von ihnen.
(https://www.sueddeutsche.de/politik/terror-von-rechts-die-stille-vor-dem-schuss-1.4697179)

Bei dem mutmaßlichen Täter handelt es sich um einen bereits aufgefallenen Rechtsextremisten, unter seinen Vorstrafen sind, illegaler Waffenbesitz, Körperverletzung und versuchter Totschlag.
Zudem kann Stefan Ernst auf eine lange Vergangenheit in der Rechtsextremenszene zurück blicken. Das antifaschistische Recherche Netzwerk Exif berichtet, dass Lübcke seit 2002 Teil der Kasseler Neonaziszene sei. Er war bei verschiedenen Kundgebungen der der lokalen Nazistrukturen anwesend und 2007 in eine Auseindersetzung mit Antifaschist*innen verwickelt. Am 1. Mai 2009 wurde Ernst bei einem Angriff von Neonazis auf die DGB Kundgebung in Dortmund festgenommen.
Schon 1993 war Ernst in Neonazistrukturen eingebunden und verbüßte eine mehrjährige Haftstrafe wegen versuchten Totschlags, Ziel war damals eine Geflüchtetenunterkunft.
(https://exif-recherche.org/?p=6218)

In jüngerer Vergangenheit nahm Ernst mehrmals an öffentlichen Veranstaltungen der AfD teil, auch unterstützte er diese beim Plakatieren für die Landtagswahl 2018, persönlichen Kontakt zu den lokalen Funktionären der AfD soll es nicht gegeben haben. 
(https://www.tagesschau.de/inland/luebcke-159.html)
Dennoch wird hieran deutlich, dass Ernst sich in seinen Ansichten von der AfD am stärksten repräsentiert fühlte.

Dass bei Stephan Ernst keine Radikalisierung mehr durch die sozialen Netzwerke erfolgen musste, belegt seine Vergangenheit in der rechtsextremen Szene eindeutig, dass Ernst bereits wegen eines versuchten Anschlags verurteilt wurde, belegt seine Gewaltbereitschaft.
Trotzdem spielen auch bei Ernst die sozialen Medien eine wichtige Rolle.
Auf dem bei den Ermittlungen sichergestellte Handy entdeckten die Ermittler*innen hetzerische Kommentare. Besonders aktiv war Ernst auf YouTube wo er unter dem Pseudonym „Game Over“ kommentierte. Auch unter dem Video welches zu Berühmtheit Lübckes führte, wütet der rechte Mob. Beleidigungen „Ein widerlicher Lump, fremdgesteuert und ohne jeglichen Verstand! Fantasiert von Demokratie im Land der Meinungsfaschisten.“, Hinweise auf einen vermeintlichen „Bevölkerungsaustausch“ „ Wie betäubtes Vieh auf dem Weg zur Schlachtbank. Die deutschen werden ausgerottet“ „Die alten Bürger sollen das Land verlassen um Platz zu machen für die neuen, besseren Einwanderer. Wo neue Menschen kommen müssen die alten Menschen gehen. Geht denen jetzt langsam ein Licht auf, wohin die Masseneinwanderung führt?“, Gewaltaufrufe sind dort ebenso zu finden wie Morddrohungen gegen Lübcke „der penner wird einer der ersten sein die abdanken werden“
(https://www.youtube.com/watch?v=KdnLSC2hy9E Kommentare)
Solche und ähnliche Kommentare sind es, die in der rechten Community täglich gepostet werden. Diese enorme Gewaltbereitschaft innerhalb der Gesprächskultur, die als Floskeln verharmlosten Morddrohungen, sind es welche die Hemmschwelle zur Tat zu schreiten immer weiter senken. Es ist diese Sprache, die einen Handlungsdruck erzeugt und Menschen in ihrem Vorhaben zu morden die letzten Zweifel nimmt.
Stephan Ernst gibt in seinem ersten Geständnis an, Lübcke wegen des Satzes bei dem Bürgerdialog getötet zu haben. Der genaue Tatablauf ist noch nicht rekonstruiert, dennoch scheint das erste Geständnis von Stephan Ernst glaubwürdig und gilt als der mutmaßliche Mörder.
Auch dass er Unterstützung durch Markus Hartmann hatte, gilt als erwiesen. Hartman soll Lübcke sowohl zu verschiedenen Veranstaltungen als auch in der Mordnacht begleitet habe, er soll Ernst dazu ermutigt haben, den Mord zu begehen. Auch Hartmanns ehemalige Lebensgefährtin hält ihn für die treibende Kraft hinter dem Mord.
(https://www.sueddeutsche.de/politik/luebcke-mord-kassel-rechtsextremismus-1.4749559)

Der Zusammenhang zwischen der brutalisierten Sprache, den ständig wiederholten Feindbilder, sowie die stetige Präsenz der Verschwörungsideologie des „großen Austausch“, wonach „politische Eliten“ einen Untergang der deutschen Kultur durch einen „Bevölkerungsaustausch“ herbeiführen, spielte auch für den, in im Internet aktiven, Stephan Ernst eine wichtige Rolle.
Hier wurde er in seinem Vorhaben Walter Lübcke zu ermorden bestätigt. Es ist eine Sprache, die von Beleidigungen und Gewaltaufrufen gegen Politiker*innen ebenso geprägt ist wie von rassistischen, sexistischen und anderen menschenverachtenden Kommentaren über Minderheiten oder Andersdenkende. In diesem Umfeld erfahren die Täter*innen die Bestätigung und Befürwortung die aus ihnen potentielle oder tatsächliche Mörder werden lässt.

Lübcke hinterlässt eine Ehefrau sowie seinen beiden, erwachsenen, Söhne
“Aus Worten wurden Taten”, so Jan-Hendrik Lübcke, Sohn von Walter Lübcke
(https://www.tagesschau.de/inland/luebcke-159.html)

Blick nach Bochum

Auch innerhalb Bochum ist diese Sprache in rechten Kreisen verbreitet.
Seien es AfD Politiker*innen, die auf Facebook rassistische Postings verfassen oder innerhalb der von den Identitären gegründeten Telegramgruppe „Patrioten Bochum“.

Betrachten wir die AfD Politiker*innen in Bochum, fallen sie überwiegend durch ihre Präsenz bei Facebook auf. Sowohl auf der AfD Facebookseite als auch auf den privaten Nutzer*innenprofilen der Politiker*innen und in den dazugehörigen Kommentarspalten, lassen sich wiederholt Hetze gegen Geflüchtete, Hinweise auf Verschwörungstheorien, Bezugnahme auf ein „Großdeutsches Reich“ und Beleidigungen finden.

In einem Posting der AfD Bochum vom 24.03.2020 heißt es „Wir importieren Asylbewerber aus Griechenland und der Türkei. Eigene Staatsbürger werfen wir aber raus!? Irgendwas stimmt doch in diesem Land nicht!“ Zwar schreibt die AfD hier nicht öffentlich vom „großen Austausch“, der Inhalt ist dennoch sehr ähnlich. So spricht die AfD von „importierten Asylbewerbern“ und schafft das Bild von einem politisch gewollten „Bevölkerungsaustausch“. Das die Community dies ähnlich sieht, belegt der Kommentar, das Bestreben einen „Bevölkerungsaustausch“ herbeizuführen sei „typisch für das Irrenhaus Deutschland“

Während dieser Ton noch gemäßigt daher kommen mag, ist die Botschaft, die vermittelt wird, die gleiche, wie sie von Kalbitz, Höcke und Co verbreitet wird.
Ein Blick auf die Privataccounts der Politiker*innen finden sich weniger „gemäßigte“ Inhalte. 
Während Gabriele Walger – Demolsky, wiederholt während der Coronakrise beklagt, dass „die Grenzen für deutsche geschlossen sein, zeitgleich dürften Geflüchtete weiter die Grenzen passieren“, teilt der dem Flügel zuzurechnende Markus Schröder ein Bild, welches Deutschland mit der Grenzziehung von vor 1945 zeigt. Offensichtlich wird hier der Wunsch nach einem „Großdeutschen Reich“ geäußert. Der dazugehörige Kommentar „Das ist Ostdeutschland“ und ein auf Polen deutender Finger, belegen diesen Wunsch.
(https://www.facebook.com/gabriele.walgerdemolsky?comment_id=Y29tbWVudDozMDc2NDE4OTk1NzM3Nj AxXzMwNzY0Njk3MDIzOTkxOTc%3D)

Die von Meuthen ins Spiel gebrachte Zweiteilung der AfD und die damit einhergehenden Machkämpfe machen auch vor der AfD Bochum nicht halt. Bei den auf Facebook ausgetragenen Diskussionen offenbart sich auch der Umgangston, der innerhalb der Partei herrscht. Wie bereits auf diesem Blog berichtet, beleidigt der Bochumer AfD Politiker Teile des Landesvorstand NRW als „geistige Krüppel“. Wenn bei öffentlich ausgetragen Diskussionen, dies als normal empfunden, lässt sich der Sprachgebrauch in nicht einsehbaren Kommunikationsräumen nur erahnen.
(https://afd-watch-bochum.net)
Ein Beispiel dafür, wie es innerhalb dieser Gruppen zugehen kann und welche Sprachkultur dort gepflegt wird, zeigt die Telegramgruppe „Patrioten Bochum“

Die bereits erwähnte ausführliche Recherche zur „Rechten Volksvernetzung“ bei Telegramm gewährt Einblick in die Kanäle der extremen Rechten in Bochum und darüber hinaus.

Auch innerhalb dieses von der Identitären Bewegung erstellten Telegramchannels kommt es zur Verherrlichung des Nationalsozialismus und werden Videos der Holocaustleugnerin Haverbeck verschickt. Es scheint den User*innen der Gruppe bewusst, welche Aussagen sie in dieser öffentlich einsehbaren Gruppe tätigen können und welche sie lieber in geschlossenen Kanälen kommunizieren. Belegen lässt sich dies an der Nachricht eines Users „ Ja sorry bin biss geladen Hab mir gerade vorgestellt wie es die Familie die minderjährigen geht die vergewaltigt wurde“. Die darauf erhaltene Antwort „ Wenn es um Gefühle und Rache geht, bin ich auch aggro, aber dann brauchen wir eune andere Gruppe“. Ein weiterer Grund weswegen es innerhalb der Patrioten Bochum eher gesittet zuzugehen scheint, die Admins der Identitäten Bewegung, versuchen klar Neonazistische Codes zu unterbinden, ein „bürgerlicher Anschein“ soll gewahrt werden. (https://identitaereinbochum.noblogs.org/identitaere_netzwerk_telegram/)

Der in Bochum wohnende Identitäre Falk Schakolat, zeichnet sich für die YouTube Formate „Ruhrpott Roulette“ der Identitäten und seinen Privataccount „Menschenverstandradikalismus“ verantwortlich. Über diese Kanäle tragt er enorm zu der Verbreitung und Reproduktion der Feindbilder der neuen Rechten bei.
(https://identitaereinbochum.noblogs.org/falk-schakolat/)

Innerhalb Bochums tragen eine Identitäre Bewegung, die ihren Fokus auf online Aktivismus gelegt hat, und eine in den sozialen Medien präsente AfD zur weiteren Radikalisierung neuer Menschen bei.
Obwohl die AfD Bochum im Bundesvergleich eher gemäßigt scheint und es in rechten Chatgruppen vermeintlich gesittet zugeht, ist auch hier das Gefahrenpotential welches hieraus hervor geht nicht von der Hand zu weisen. Auch innerhalb der rechten Szene Bochums sind gefährliche Wechselwirkungen, die eine rasante Radikalisierung einzelner Personen nach sich ziehen können, gegenwärtig.
Welches Gewaltpotential innerhalb der Bochumer Rechten vorhanden ist, verdeutlicht ein Vorfall aus dem Jahr 2014. Am 23. April 2014 wurde eine Gruppe lokaler AfDler, von einem Antifaschisten beim plakatieren beobachtet. Nachdem dieser seinen Unmut über die rassistischen Parolen der AfD geäußert und bereits seinen Weg fortgesetzt hatte, verfolgte der damalige Kreissprecher der AfD Johannes Paul den Antifaschisten und bedrohte ihn mit einer Gaspistole.
(http://afd-watch-bochum.net)
Welche Gefahren von solchen Ereignissen im Zusammenspiel mit einer immer weiter fallenden Hemmschwelle gegenüber Gewalt zur Folge haben können, lassen sich nur erahnen.

AfD und Rechtsterrorismus? Wie rechtspopulistische Sprache rechten Terror nährt

Teil 2 von 3

Spätestens seit 2015 ist die europäische Rechte omnipräsent. Seien es islamophobe Demonstrationen von PEGIDA, die Identitäre Bewegung und eine sich zuspitzende Entwicklung von rassistischer und rechtsextremer Gewalt, bis hin zu rechtsextreme Terrorakten.
Inmitten dessen hat eine, sich „prächtig“ entwickelnde und radikalisierende AfD die von Umfragehoch zu Umfragehoch eilt, ihren Platz eingenommen.
Unabdingbar für diese Entwicklung ist die von der AfD vorangetriebene Verschärfung rechtspopulistischer Sprache und ihr Wirken im vorpolitischem Raum. Welche Mittel und Strategien dem zugrunde liegen, welche Ziele sie verfolgen und welche gefährlichen Wechselwirkungen dies hervorruft gilt es genau zu betrachten und zu beschreiben.

Vom Wort zur Tat 1
Das sich innerhalb solcher Chatgruppen Menschen radikalisieren, zeigt sich ganz deutlich an dem Beispiel der rechtsterroristischen „Gruppe Freital“ . Anhand dieser Gruppe lässt sich das enorme Radikalisierungspotenzial von rechten Chatgruppen verdeutlichen. Die „Gruppe Freital“ bildete ein kleiner Personkreis, der sich bei flüchtlingsfeindlichen Demonstrationen in Freital kennen lernte und vernetzte, gegenseitig bestärkte und unterstützte um schließlich fest organisiert Anschläge auf Geflüchtete und Linke zu begehen.
Die aus sieben Männern und einer Frau bestehende Gruppe traf sich erstmals bei flüchtlingsfeindlichen Protesten in Freital und vernetzte sich anschließend. Auch hierbei spielten die sozialen Medien eine zentrale Rolle. Ihr erster Schritt der Organisatierung war das Gründen einer Bürgerwehr, diese sollte in Bussen und Bahnen patrouillieren. Für diese legten sie eine Facebook Seite an, diese sammelt über 2000 Likes. Die Gruppe verfügte über ein breites Ünterstützer*innen Umfeld und sammelte Sympathisanten in einer breit vernetzten Chatgruppe, der Kern der Gruppe kommunizierte hauptsächlich über verschlüsselte Chats. Sie trafen sich an einer Tankstelle in Freital, oder in der „Timba“ Bar. Besonders brisant hieran: der damalige Wirt der Kneipe, Dirk Jährling, war aktiv in der AfD Freital, inzwischen ist Jährling ausgetreten und hat die „Bürgerinitiative Sachsen“ gegründet.
(https://www.endstation-rechts.de/news/noch-eine-afd-abspaltung.htm)

Gegenüber dem NDR Magazin Panorama gab Jährling an, den Personenkreis gekannt zuhaben,
jedoch wisse er nicht was diese so beredeten. Spätestens als die Gruppe Videos der Ausschreitungen in Heidenau, in der Timba Bar präsentierte und sich teils selbst identifizierte, war ihre Gesinnung bekannt. Das niemand der anderen anwesenden Gäste einschritt und es zu keinen Anzeigen kam, belegt eine breite Akzeptanz der Bevölkerung. Dieser Eindruck bestärkt sich, da auch im Nachgang, noch von einem „Schauprozess“ oder von „Lausbubenstreichen“ gesprochen wird und die Taten bagatellisiert werden. Auch die Einordnung der Gruppe als „rechtsterroristische Vereinigung“ wird abgelehnt, da diese ja „keine rechten Anzeichen erkennen ließen“.
(https://daserste.ndr.de/panorama/aktuell/Terroristen-statt-Lausbuben-Hohe-Strafen-gegen-Gruppe-Freital,freital138.html)

Getrieben von der gegenseitigen Bestärkung innerhalb ihrer Kanäle und dem Zuspruch ihres Umfelds plante die Gruppe weiter Aktionen.
Hierfür trafen sie sich regelmäßig an einer Tankstelle, aus ihrem Umfeld wurden ihnen Informationen zugespielt, auch von der NPD erhielt die Gruppe Hinweise.
(https://www.der-rechte-rand.de/archive/2577/gruppe-freital/)

Die Täter*innen begannen, sich aus illegalem Feuerwerk Sprengsätze zu bauen, im Verlauf ihrer Anschlagsreihe, „verbesserten“ sie ihre Sprengsätze, erhöhten die Sprengkraft und dokumentierten dies.
Zuerst griffen sie mit selbstgebauten Sprengsätzen das Auto des Linken Politikers Michal Richter an. Anschließend teilen sie sich das Ergebnis ihrer Tat in ihrer Gruppe, und verhöhnten das Opfer. Auch das Parteibüro der linken wurde ebenso Ziel der Anschläge wie
Zwei Wohnungen für geflüchtete Menschen einen Tag zuvor.
Einen Monat später, in der Nacht vom 18. auf den 19. Oktober 2015 griffen sie gemeinsam mit der „Freien Kameradschaft Dresden“, mit der es personelle Überschneidungen gibt, ein linkes Wohnprojekt in Dresden an. An diesem Anschlag waren circa 20 Personen beteiligt, sie attackierten das Haus von beiden Seiten nutzten Buttersäure, Sprengsätze und warfen mit Steinen.
(https://taz.de/Rechtsextremismus-in-Deutschland/!5390017/)

Zwei Wochen später am 1.11.2015 wurde eine bewohnte Unterkunft für Geflüchtete zum Ziel.
Erneut wurden Sprengsätze an den Scheiben angebracht. Bei der Explosion zerbarsten die Scheiben, zwei der Bewohner wurden durch umher fliegende Scherben verletzt, einer erlitt Schnittwunden im Gesicht. Vor Gericht wird dieser Anschlag als „versuchter Mord“ gewertet.
(https://www.der-rechte-rand.de/archive/2577/gruppe-freital/)

Kurz darauf setzte die Polizei dem rechtem Treiben ein Ende. Inzwischen wurden die Angeklagten zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt und ihre Revision wurde abgewiesen.

Das eine Sprache, die vor der Menschenwürde keine Achtung hat, die immer wieder die selben Feindbilder projiziert und voll von Gewaltverherlichung, Gewaltaufrufen und Mordfantasien gegenüber diesen ist, potentielle Täter*innen in ihrem Handeln bestärkt zeigt auch die „Gruppe Freital“ . Auch in ihren Gruppen es war diese Sprache die den Dialog über „den Feind“ bestimmt.
„Da guckt man und Erblickt nur Nigger“ steht dort am Anfang einer Nachricht, enden tut diese mit „Alle töten diese elendigen Parasiten!“.
(https://daserste.ndr.de/panorama/aktuell/Terroristen-statt-Lausbuben-Hohe-Strafen-gegen-Gruppe-Freital,freital138.html)
Gegenüber Panorama erklärt Patrick Festing, einer der beiden Rädelsführer, er habe sich verstanden gefühlt. Innerhalb der Gruppe sei viel philosophiert und diskutiert worden und sie verstanden einander.
Wiederholt äußert er, dass ihm Wertung „rechtsterroristisch“ missfällt, er sei ja kein Nazi. Auch hier zeigt sich eine klare „Selbstverhamlosung“, wie sie in der Medienstrategie der AfD gegenwärtig ist. Eine klar definierte Grenze, was rechtsextrem ist, ist innerhalb dieser Gruppen nicht präsent, als Nazis verstehen sich dort die wenigsten. Dabei werden regelmäßig Geflüchtete als „Kanaken“ oder „Bimbos“ diffamiert, rassistische Nachrichten werden täglich versand. Wie konkret innerhalb der konspirativen Chatgruppe Anschläge besprochen werden zeigt folgendes Zitat, nach dem erfolgreich neue Sprengsätze getestet wurden „ Also kann man sagen dass die Ware perfekt für geschlossene Räume geeignet ist oder für größere Menschenmengen.“
(https://daserste.ndr.de/panorama/aktuell/Terroristen-statt-Lausbuben-Hohe-Strafen-gegen-Gruppe-Freital,freital138.html)
Ganz offen zeigt sich der direkte Einfluss, einer Sprache die Gewalt gegenüber Fremden gutheißt und eine Hemmschwelle für reelle Gewalt auf ein nicht existentes Minimum senkt.

So offenbart sich am Beispiel der „Gruppe Freital“ eindeutig, welchen Gefahren das Zusammenspiel aus, rechten Chatgruppen, einem wohlgesinnten Umfeld und den durch die AfD geschaffen Diskurs in dem Hass Hetze Gewalt als normal gelten, birgt. Durch lose Vernetzung und rasende Radikalisierung in den sozialen Netzwerke, ist die Gefahr von rechtsextremen Gewalttaten allgegenwärtig.

AfD und Rechtsterrorismus? Wie rechtspopulistische Sprache rechten Terror nährt

Teil 1 von 3

Spätestens seit 2015 ist die europäische Rechte omnipräsent. Seien es islamophobe Demonstrationen von PEGIDA, die Identitäre Bewegung und eine sich zuspitzende Entwicklung von rassistischer und rechtsextremer Gewalt, bis hin zu rechtsextreme Terrorakten.
Inmitten dessen hat eine, sich „prächtig“ entwickelnde und radikalisierende AfD die von Umfragehoch zu Umfragehoch eilt, ihren Platz eingenommen.
Unabdingbar für diese Entwicklung ist die von der AfD vorangetriebene Verschärfung rechtspopulistischer Sprache und ihr Wirken im vorpolitischem Raum. Welche Mittel und Strategien dem zugrunde liegen, welche Ziele sie verfolgen und welche gefährlichen Wechselwirkungen dies hervorruft gilt es genau zu betrachten und zu beschreiben.

Rechtspopulistische Sprache

Rechtspopulistische Sprache ist gekennzeichnet von einer starken Metaphorik, dem Heroisieren der eigenen Kultur und im selben Zusammenhang einer klaren Abgrenzung gegenüber allem Fremden. Auffällig ist hierbei eine enorme Verrohung und Brutalisierung der Sprache, welche in rechten Kreisen alltäglich, in der öffentlichen Wahrnehmungen hingegen als grenzüberschreitend empfunden wird.

Diese Strategie der Neuen Rechten durch stetige Provokation, Tabubrüche und anschließendes Relativieren, einen möglichst großen medialen Aufschrei zu generieren geht auf. Die gewonnene Aufmerksamkeit wird genutzt um öffentlichkeitswirksam zurückzurudern, um sich und die eigenen Positionen damit weiterhin als „konservativ“ oder „bürgerlich“ labeln zu können.

Diese Strategie ist in der rechtsextremen und in Teilen faschistischen AfD weit verbreitet. Immer wieder fallen führende Politiker*innen durch menschenverachtende Aussagen auf. So antwortete die damalige stellvertretende AfD-Vorsitzende Beatrix von Storch bei Facebook auf die Frage, ob die Partei an den Grenzen Frauen und Kinder mit Waffengewalt stoppen wolle, mit „Ja“.
Die Folge waren ein großer Öffentlicher Aufschrei sowie ein teilweises zurückrudern am Folgetag: “Gegen Kinder ist der Schusswaffeneinsatz richtigerweise nicht zulässig. Frauen sind anders als Kinder verständig.“ seitens von Storch.
(https://www.zeit.de/politik/2016-01/alternative-fuer-deutschland-beatrix-von-storch-petry-schusswaffen)
Zwar erntete von Storch für ihren Post allerhand Kritik und wegen ihrer Erklärung, „sie sei auf der Maus abgerutscht“ auch reichlich Spott.
Dennoch zeigt sich klar welches Kalkül hinter dieser Äußerung steht, die Antwort wirkt berechnet. 
In der aufgeheizten Debatte begründet von Storch ihre Äußerung mit „geltendem Recht“ und schreibt von dem „Einsatz von Schusswaffen als letztes Mittel“.
(https://www.henning-uhle.eu/wirtschaft-soziales/beatrix-von-storch-und-der-schiessbefehl-auf-fluechtlinge)

So wird aus einer AfD die an den Grenzen auf geflüchtete Menschen schießen lassen will, eine Partei die vermeintlich mit beiden Beinen auf den Gesetzen der Bundesrepublik steht. Punkte die auf der einen Seite ein extrem rechtes, auf der anderen Seite ein konservatives Lager ansprechen.

Dass verrohte und brutale Sprache unter Rechtspopulisten an der Tagesordnung ist, belegt eine Rundmail des AfD Bundestagsabgeordneten Peter Boehringer eindeutig. Am 09.01.2016 schreibt dieser unteranderem „Die Merkelnutte lässt jeden rein, sie schafft das“,“Dumm nur, dass es UNSER Volkskörper ist, der hier gewaltsam penetriert wird.“ Dass es sich hierbei eher zweitrangig um eine Kritik an Merkels Flüchtlingspolitik handelt, als um wüste Beschimpfungen und eine Hasstriade, ist auch ihm selbst bewusst, dennoch hält es Boehringer für die „einzige angemessene Sprache gegen Merkel“. Dass dieser Ton unter Rechtspopulisten nichts Ungewöhnliches zu sein scheint, zeigt sich daran, dass Boehringer sich damit rechtfertigt die scharfe Fassung der Mail nur an einen „ganz kleinen Privaten Kreis“ versandt zu haben. In diesem ist der Ton offenbar kein Problem. Ein Problem scheint solch ein Vokabular für ihn maximal in der Öffentlichkeit zu sein.
(https://www.spiegel.de/politik/deutschland/peter-boehringer-e-mail-bringt-afd-mann-in-erklaerungsnot-a-1192686.html)

Ein weiterer wichtiger Aspekt rechtspopulistischer Sprache ist das Hervorheben der eigenen Kultur und einer vermeintlich deutschen Identität. Hierbei gilt es die eigene Kultur als etwas beständiges und überlegenes darzustellen, die bedroht werde und verteidigt werden müsse.
Auch hierfür lassen sich Aussagen von AfD-Politiker*innen als Beispiel heranziehen. 
Da wären zu einem Alexander Gauland, der wiederholt Bezug auf eine „1000 Jährige deutsche Geschichte“ nimmt, den Holocaust nur einen „Vogelschiss“ nennt oder das Recht einfordert, „auf die Leistung deutscher Soldaten in zwei Weltriegen stolz zu sein“.
(https://www.faz.net/aktuell/politik/bundestagswahl/afd-alexander-gauland-relativiert-verbrechen-der-wehrmacht-15199412.html)

Zum anderen dient ein Tweet des AfD Bundestagsabgeordneten Thomas Seitz, der einen unter Beschuss geratenen Konvoi der Bundeswehr, folgendermaßen kommentiert: „Ganz Afrika ist nicht die gesunden Knochen eines einzigen deutschen Grenadiers wert.“ als Beispiel.
(https://twitter.com/Th_Seitz_AfD/status/1097390382294409217)

Einerseits offenbart sich hieran menschenverachtendes Denken, dass die Wertigkeit der gesamten Bevölkerung des afrikanischen Kontinent, einem deutschen Soldaten unterordnet. Anderseits zitiert er Otto von Bismarck, der während der Balkankonferenz 1878 sagte: „Der Balkan ist mir nicht die gesunden Knochen eines einzigen pommerschen Grenadiers wert“.
(https://www.gutzitiert.de/zitat_autor_otto_fuerst_von_bi smarck_thema_balkan_zitat_3914 6.html)

Dass in diesem Fall bewusst Bismarck zitiert wurde, passt ins Bild, dessen Rahmen Gauland schafft, wenn er von einer „1000 jährigen deutsche Geschichte“ spricht. Preussen und seine feudale Ordnung dient vielen in der AfD als großes Vorbild.

Die bereits veranschaulichte Strategie der AfD im Umgang mit den Medien beruht maßgeblich auf den Ideen des neurechten Verlegers Götz Kubitschek. Der Leiter des Antaios Verlags und Mitbegründer des Instituts für Staatspolitik (IfS) genießt in der neurechten Szene große Anerkennung. Kubitschek gilt als Vordenker, Mentor und Ideengeber der neuen Rechten. Auf seinem Grundstück in Schnellroda finden Treffen und Schulungen statt. 2019 waren bei der vom IfS ausgetragenen Sommerakademie im September Alice Weidel und Jörg Meuthen zu Gast. Am 06.03.2020 kamen bis zu 250 Personen aus dem gesamten Bundesgebiet zu einem dort stattfindenden Flügeltreffen. Unter den Redner*innen waren neben Götz Kubitschek selbst, Björn Höcke und Andreas Kalbitz die wie keine anderen das rechtsextreme Gesicht der AfD verkörpern.
(https://twitter.com/M000X/status/1236232179816042510)

Vor Ort war 2020 auch eine Delegation Identitärer aus Bochum und Umgebung.
So zeigt sich hier offen die gemeinsame ideologische Grundlage der AfD und der extremen Rechten deutschlandweit. Eine Distanz der Gesamtpartei zur extremen Rechten besteht somit nicht mehr.
(https://twitter.com/IbDoku/status/1236309573839073285)

Zu den weiteren von Götz Kubitschek besuchten Veranstaltungen gehört das Kyffhäusertreffen ein jährlich stattfindendes Treffen des inzwischen aufgelösten Flügel der AfD, bei dem auch die Bundesspitze regelmäßig eine Bühne geboten bekommt. So waren Jörg Meuthen, und Alexander Gauland 2017 und 2018 unter den Rednern. 2019 sprach Kubitscheks Frau Ellen Kositza vor den AfDlern.
(https://www.youtube.com/watch?v=ktzHctaHeEo)

Dass diese Strategie der Selbstverharmlosung innerhalb der AfD massiv angewandt und wiedergegeben wird, ist klar. Rene Augusti, zu dem Zeitpunkt Teil des salzwedeler AfD-Kreisvorstands, schrieb in eine geschlossenen Facebookgruppe „Die Völkerwanderung muss aufgehalten werden. Die sich Deutsche nennen und dies fördern gehören an die Wand gestellt.“ Daraufhin empfahl ihm sein Parteikollege Daniel Roi, derartige Sätze besser zu unterlassen, „da es schaden würde, wenn die Presse dies ausschlachten würde.“ Außerdem empfiehlt er „genau auf die Formulierung zu achten“. Hier zeigt sich ganz deutlich das diese Strategie auf sämtlichen Ebenen der Partei, von Kommunal- bis Bundespolitik, anklang findet.
(https://www.neues-deutschland.de/artikel/987827.afd-funktionaer-ruft-indirekt-zum-mord-auf.html)

Innerhalb der Neuen Rechten wird immer wieder von der vermeintlichen Gefahr der Überfremdung durch geflüchtete Menschen erzählt und die Verschwörungstheorie vom “Großen Austausch” bemüht. Zudem gesellt sich die propagierte Sorge vor einem aussterben der deutschen Kultur durch eine sinkende Geburtenrate, sowie eine Verweichlichung der Gesellschaft herbeigeführt von sogenannten „Kulturmarxisten“. Aufällig hieran ist, dass das Konzept „Political Correctness“ häufig als „Genderwahn“ und „Genderunfug“ verunglimpft wird, als Feindbild dient. Menschen, die offen für eine geschlechtergerechte Sprache einstehen, werden als „Genderpolizisten“ gebrandmarkt, die anderen Menschen eine Meinung aufzwingen wollen. Dies offenbart ganz deutlich das eine diskriminierungsfreie Sprache nicht gewünscht ist. Rechtspopulistische Sprache versucht, alte Muster und Traditionen aufrecht zu erhalten und verschließt sich gegenüber Veränderungen, die eine diskriminierungsfreie Sprache mit sich bringt. (https://afdkompakt.de/2019/03/12/die-sogenannte-gendergerechte-sprache-ist-ein-orwell-projekt/)

Einer, der die These „Deutschland sei durch Migranten bedroht“ immer wieder vertritt, ist Björn Höcke. Der Vorsitzende der AfD Thüringen warnt 2017 in einer Rede bei einem Bürger Dialog in Dresden: „Liebe Freunde, unser liebes Volk ist im Inneren tief gespalten und durch den Geburtenrückgang sowie die Masseneinwanderung erstmals in seiner Existenz elementar bedroht“.
(https://www.youtube.com/watch?v=sti51c8abaw&t=1h12m ab 01:10:16)

Der Geburtenrückgang wird innerhalb der neuen Rechten auch als Produkt des Feminismus verstanden. Die emanzipierte Frau ist für den Untergang der deutschen Kultur verantwortlich, da sie sich nicht in ein traditionelles Familienbild einfügen lässt und Selbstbestimmung sowie Gleichberechtigung einfordert.
Die Gefahr, die von Geflüchteten ausgehen soll, wird immer durch eine starke Metaphorik begleitet. Während Höcke von Masseneinwanderung spricht und so ein Bild einer unüberblickbaren Menge an Menschen projiziert, spricht Partei Kollegin Von Storch von einer „neuen Flüchtlingswelle“ und Alice Weidel von „Messermännern“.
(https://www.youtube.com/watch?v=ZEGj1T0pnR0)

Diese Metaphern deklarieren Schutzsuchende als eine gefährliche, nicht kontrollierbare Gruppe. Es wird suggeriert, dass eine erhebliche Gefahr von ihnen ausginge, gegen die es sich zu verteidigen gilt. Zugleich schiebt man sich selbst in die Opferrolle, die einem “Notwehr” zumindest erlaubt.

Die im Bisherigen erläuterten Muster und Strategien haben direkte Auswirkungen auf den breiten politischen Diskurs, mit dem Ziel, diesen zu verändern.
 Durch die stetige Grenzüberschreitung und die damit einhergehende mediale Präsenz gelingt es der AfD einen großen Teil der politischen Berichterstattungen vorzugeben und ihre eigenen Themen in der Debatte zu platzieren. Ihre Präsenz in den sozialen Medien ermöglicht es der AfD, wie keiner anderen Partei, die rechte Filterblase zu bespielen. Die Partei und ihre Mitglieder sind in den sozialen Medien mit vielen Accounts vertreten und in Gruppen eng mit ihren potenziellen Wähler*innen vernetzt. Hinzu kommen neurechte Netzwerke um die extrem rechte NGO “EinProzent” und unzählige Gruppen in den sozialen Medien.
Hierdurch gelingt es den Rechten, einen „vorpolitischen Raum“ mit eigene Inhalten zu besetzen und die Leute direkt mit Inhalten zu versorgen.
Dass die Neue Rechte nicht nur in den sozialen Netzwerken deutschlandweit vernetzt ist, sondern auch bei Messengerdiensten wie Telegramm, haben die Genoss*innen von IB Doku in einer ausführlichen Recherche dargestellt.
(https://identitaereinbochum.noblogs.org/identitaere_netzwerk_telegram/)

Dass die Sprache der Rechtspopulist*innen Einfluss auf den öffentlichen Diskurs hat und es schafft ihre eigene Sprache in diesem zu etablieren, zeigt sich sowohl an den „Unwörtern“ der letzten Jahre, als auch einer enormen Verrohung der Sprache in den sozialen Netzwerken, in denen sich täglich Hass und Hetze finden lassen. So zeigen es auch zwei äußerst fragwürdige Gerichtsurteile gegen Renate Künast, wonach Beleidigungen wie „Stück Scheiße“ und „Drecksfotze“ von der freien Meinungsäußerung gedeckt sind. Aktuell läuft ein Berufungsverfahren seitens Renate Künast gegen dieses Urteil.
(https://www.tagesschau.de/kuenast-105.html)
Zu den Unwörtern der letzten Jahre zählen 2015 Gutmensch, 2016 Volksverräter, 2017 Alternative Fakten, 2018 Anti-Abschiede-Industrie und 2019 Klimahysterie. Allesamt Wörter die einem rechtem Sprachbild entstammen und ihr Wirken im gesellschaftlichen Diskurs eindrucksvoll unter Beweis stellen.
(https://www.dw.com/de/die-unworte-des-jahres-seit-1991/a-18974244-0)

Fremde Gefahr

Durch die immer wieder heraufbeschworenen Gefahr, die für Deutschland bestünde, konstituiert die neue Rechte einen Handlungsdruck, es sei an der Zeit, Deutschland zu verteidigen. Diese Vorstellungen beruhen auf der Verschwörungsideologie des „Großen Austausch“.
Maßgeblich geprägt wurde diese Verschwörungsideologie von dem rechtsextremen französischen Autor und Philosophen Renaud Camus. Im deutschsprachigen Raum bietet der Antaios Verlag der Theorie eine Bühne und trägt so zur Verbreitung dieser Legende bei, starken Zulauf erhält er hier aus der „Identitären Bewegung“ und von der AfD, die sich immer wieder öffentlich auf den „Großen Austausch“ beziehen. Auf dieser Bühne veröffentliche rechtsextreme Autoren wie Akif Pirincci oder Martin Sellner, Aushängeschild der österreichischen Identitären.
Die von der Amadeu Antonio Stiftung betriebene Website „Bell Tower News“ fasst die Verschwörungsideologie folgendermaßen zusammen:

„Der große Austausch“ besage, dass Regierungen und/oder „geheime Mächte“ daran arbeiteten, die kritische, einheimische (völkisch-rassistisch definierte) Bevölkerung auszutauschen gegen eine Bevölkerung aus Migrant*innen, die leichter zu lenken sei. Dies geschehe einerseits über Migration und Fluchtbewegungen und andererseits über den „Volkstod“ (die als einheimisch definierten Menschen bekämen viel weniger Kinder als die Menschen mit Migrationshintergrund und stürben deshalb aus).“
(https://www.belltower.news/lexikon/grosser-austausch/)

Heraus kristallisieren sich zwei Übergeordnete Feinbilder, da wären zu einem die „politischen Eliten“ unter denen sich Politiker*innen, Jüd*innen, Feminist*innen und weitere progressive Strömungen fassen lassen. Zum anderen „Fremde Invasoren“ unter denen vor allem Geflüchtete Migrant*innen und alle nicht weißen Menschen verstanden werden.

Genau diese beiden Feindbilder finden sich auch bei den Mitgliedern der Alternative für Deutschland wieder.
Hetze gegen die so genannten „Altparteien“, „Kulturmarxisten“ oder einem so genannten „Migrantenmob“ gehören zu den täglichen Ritualen der AfD.

Das die Verschwörungstheorie selbst in obersten Parteigremien anklang findet, zeigt Alice Weidels rassitische E-Mail die sie im Februar 2013 an eine Privatperson schrieb. Darin heißt es „Diese Schweine sind nichts anderes als Marionetten der Siegermächte des 2. WK und haben die Aufgabe, das dt Volk klein zu halten indem molekulare Bürgerkriege in den Ballungszentren durch Überfremdung induziert werden sollen.“
(https://www.welt.de/politik/article168489086/Alice-Weidel-will-Veroeffentlichung-rassistischer-E-Mail-stoppen.html)

Das Weidel hier die Theorie des “goßen Austausch“ skizziert, zeigt sich zum einen an der antisemitischen Metapher der „Marionetten“. Das Bild der Marionette wird häufig für Politiker*innen verwendet, welche durch einen Puppenspieler gesteuert werden. Dieser Puppenspieler symbolisiert eine „jüdische Weltverschwörung“ welche aus dem Hinterzimmer die Geschehnisse der Welt lenke. Bekannt ist diese Symbolik unteranderem aus nationalsozialistischen Propagandazeitschriften.
(Ein Beitrag der über Antisemitismus in der AfD aufklärt ist bereits auf diesem Blog erschienen.)
https://www.amadeu-antonio-stiftung.de/wp-content/uploads/2018/12/A.7_Methode_VT_und_Antisemitismu s.pdf)

Des weiteren spricht Weidel von einem „Bürgerkrieg“, der durch „Überfremdung induziert“ werden solle. Auch hier ist die Parallele zu der Mär vom „großen Austausch“ nicht zu leugnen.

Die Resonanz, die solche Äußerungen beim rechten Publikum hervorrufen ist groß. In rechten Gruppen wird fleißig gepostet, geteilt und kommentiert. Es werden neue Kontakte geknüpft, bestehende gestärkt und sich untereinander vernetzt, begleitet wird dies von einem ständigen rechten Input und der zunehmenden Radikalisierung der User*innen. Die bereits geschilderte Verrohung der Sprache ist hier ebenso gegenwärtig, wie die starke Präsenz der Ideologie des „großen Austauschs“ gebrandmarkten Feindbilder.
Innerhalb dieser Gruppen, wie sie auf Plattformen und Messengerdiensten wie Facebook, VK, 8chan, Telegram oder WhatsApp, zugegen sind, schafft sich die neue Rechte eine Gegenöffentlichkeit. Gefährliche Wechselwirkungen sind die Folge, die Kanäle erhalten täglich neuen rechten Input, es werden Gerüchte über Straftaten von Geflüchteten und rassistische Memes geteilt, Beleidigungen und rape Culture sind in den Kommentaren allgegenwärtig, ohne dass kritische User*innen mitlesen und die Lügen aufdecken können. Somit erfahren die User*innen täglich Bestätigung für ihre menschenfeindlichen Positionen und bestärken sich gegenseitig in ihrem handeln.
(https://www.sueddeutsche.de/digital/facebook-wie-sich-rechte-in-geschlossenen-facebook-gruppen-radikalisieren-1.3664794)

Hierdurch setzt eine fortschreitende Radikalisierung der rechten Community ein, die Menschen fühlen sich, wie von der AfD propagiert, bedroht und die Hemmschwelle für Gewalt sinkt, Gewalttaten werden glorifiziert, geplant und vollendet. Es kommt vom Wort zur Tat.